Freitag, 31. Mai 2013

Welskopf-Henrich, L.: Jan und Jutta

Jan und Jutta
Meine Rezension zu Liselotte Welskopf Henrichs gleichnamigen Roman
(zuerst veröffentlicht unter buchgesichter.de am 11.09.2011)

Es wundert mich nicht, dass dieses Buch (JAN UND JUTTA) in unserer Datenbank hier nicht enthalten ist. Es gibt wohl kaum einen Verlag, der diese Geschichte wohl verlegen würde. Es sei denn im Rahmen einer Gesamtausgabe der Liselotte WELSKOPF-HENRICH.
Doch halt, man sollte bei solchen Behauptungen erst einmal etwas gründlicher recherchieren: Der BS-Verlag hat JAN UND JUTTA (ISBN: 978-3-89954-001-7) doch aufgelegt. Der Verlag befindet sich in Rostock.


Worin sollte diese Gesamtausgabe bestehen? Nur der Romane, die sie beileibe nicht zum Zeitvertreib schrieb, oder das wissenschaftliche Werk der Nationalökonomin und Professorin für Alte Geschichte?

Bekannt geworden ist sie mit den SÖHNEN DER GROSSEN BÄRIN und dem BLUT DES ADLERS. Doch dazu hab ich ja hier [Bei den buchgesichtern] schon einiges geschrieben. 

 
Wer das Buch des Erik LORENZ gelesen hat, der weiß, dass die im Statistischen Reichsamt als Referentin arbeitende Welskopf-Henrich in den Jahren 1944-1945 ihren späteren Ehemann, den Kommunisten Rudolf WELSKOPF versteckte, der aus einer Außenstelle des Konzentrationslagers Sachsenhausen geflohen war. Schon Monate vorher hatte das "Fräulein Doktor" mit Lebensmittelpaketen Häftlinge unterstützt.

Hier erzählt Liselotte Welskopf-Henrich ihre eigene Geschichte, die des Zimmerers JAN und der Referentin JUTTA erzählt. JAN arbeitet in der Landwirtschaft, erst als Knecht bei den Bauern. Als Zehnjähriger beginnt er dieses Leben. Doch er will ein Handwerk lernen. Zimmerer, bei einem alten "Krauter": für vier Jahre, mit Essen frei und 10 Reichsmark im JAHR! Er trifft organisierte und nichtorganisierte Arbeiter, so tritt er später in die SPD und danach in die KPD. Er ist im Widerstand aktiv und wird verhaften. Zuchthaus, Gefängnis und wohl nicht nur wegen eines Fluchtversuches in das Konzentrationslager (KL) Sachsenhausen verbracht.

JUTTA verträgt nicht, dass sie einer jüdischen Familie nicht helfen kann, als sie deportiert wird. Jahrelang hat die Mutter in dem Geschäft der Familie eingekauft. Und jetzt können sie keinen bei sich unter bringen. JUTTA beginnt darauf mit kleinsten Gaben und dann vor allem Essen Häftlinge in Berlin zu unterstützen. Mutter und Tante sind vor den Bombenangriffe nach Bayern geflüchtet. Das studierte Mädchen lernt Dinge kennen, die ihr in ihrer bürgerlichen Welt bisher völlig unbekannt waren.

Eines Tages kann der "Briefpartner" fliehen. Er muss fliehen, weil die SS auf der Suche nach der Gruppe ist, die z.B. über einen Radioempfänger verfügt und im Kreis der Häftlinge Nachrichten nicht nur der deutschen Sender verbreitet. Den notwendigen Schlosseranzug hat Jutta besorgt. Es ist das Jahr 1944. Knapp zwei Jahre noch…


Der Stil der Autorin ist schnörkellos. Die Träume eines ungewöhnlichen jungen Mädchens gibt sie natürlich wortreich wieder, sind es doch ihre eigenen. Den Weg des geradlinigen Jans zu beschreiben, scheint ihr leichter gefallen zu sein. Natürlich möchte die Wissenschaftlerin, als die sie jetzt an der Humboldt Universität arbeitet, auch etwas mitgeben. So wird die Überzeugung der Kommunisten, die Überzeugung Jans, natürlich weiter gegeben. Dazu muss schon mal ein Zitat herhalten und was eignet sich für eine Nationalökonomin besser dafür, als der Zusammenhang zwischen Produktionsverhältnissen und Produktivkräften?


Lese ich das heute, dass von den sich in den PV entwickelnden PK und die Änderung der PV, wenn die Entwicklung der PK nicht mehr weiter geht, dann komme ich nicht umhin zu sagen: Der hatte recht, der alte Marx. Zumindest oft, zumindest manchmal. Und ganz sicher für das 19. Jahrhundert.


Zwanzig Jahre nach dem Mauerfall ist es irgendwie seltsam, wieder mal einen Roman zu lesen, der als typisch in der DDR gelten kann. Man müsste, würde es sich hier nicht um eine autobiografische Geschichte handeln, sagen, der oftmals dargestellte "alleinige" Kampf gegen den Nationalsozialismus wäre nur von den Kommunisten geführt wurden. Aber wie gesagt, hier geht es um eine Liebesgeschichte und diese JUTTA war nun wirklich keine Kommunistin, die wurde sie erst später. Und als solche unterstützte sie in Mißkredit geratene Studenten genauso, wie sie nur karrieresüchtige Akademiker bekämpfte.

Und als solche schrieb sie auch die schönsten Bücher meiner Kindheit. Nun, einige davon, die wichtigsten denke ich. Und vor allem darum habe ich letzte Woche im Antiquariat den Roman JAN UND JUTTA mit genommen.


Zu guter Letzt: Es wundert mich ein wenig, dass ich diesen Roman gar nicht kannte. Aber nun, nach der Lektüre der Biografie der Liselotte WELSKOPF-HENRICH musste es schon mal sein. 


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Deutsche Nationalbibliothek
  

©KaratekaDD

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