Freitag, 31. Oktober 2014

Klatt, Tobias: Am Ende des Tunnels: Der Roman zum Steglitz-Coup


Frank ist Flaschensammler. Bis zu dem Tag, als er den amerikanischen Draufgänger Ben und den iranischstämmigen Moralisten Mozdeh trifft. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, die gesellschaftlichen Zwänge hinter sich zu lassen, planen sie einen Tunneleinbruch auf eine Bank in Berlin Steglitz. Der erste Spatenstich ist einfach, doch dann gerät der Coup außer Kontrolle: Von einem verbrechenserfahrenen Obdachlosen angeleitet und einem polnischen Mafiaboss gejagt, müssen sie ihr Vorhaben auch noch vor der eigenen Überzeugung und der schönen Tochter des Filialleiters rechtfertigen. Und wie schafft man es eigentlich, einen knapp vierzig Meter langen Tunnel präzise zu einem Tresor zu führen...? 










  • Format: Kindle Edition       ► Link zum Herunterladen
  • Dateigröße: 3263 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 190 Seiten
  • ISBN-Quelle für Seitenzahl: 3945362016
  • Gleichzeitige Verwendung von Geräten: Keine Einschränkung
  • Verlag: FeuerWerke Verlag; Auflage: 1 (1. Mai 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00JXJY6I6









BITTERSÜSSE GANGSTERKOMÖDIE...






Mein Interesse an dem Buch war geweckt, als ich las, dass dieses Buch auf einem wahrhaftigen Tunnel-Bankraub beruht, der sich in den Jahren 2012 und 2013 in Berlin-Steglitz ereignete. Ein 40 Meter langer Bankraub-Tunnel blieb unerklärlicherweise über ein Jahr lang völlig unentdeckt. 10 Millionen Euro Beute sind bis heute verschollen, von den Tätern fehlt jede Spur.
Wie würde ein fiktiver Roman über dieses Verbrechen wohl aussehen?

Tobias Klatt wählt keine Helden, die sich zu dem Bankraub entschließen. Ganz im Gegenteil. Gestrandete, Verlierer, Randfiguren der Gesellschaft sind es, die hier im Zentrum des Geschehens stehen. Erzählt wird aus der Perspektive von Frank, gescheitert als Selbständiger im Gewürzhandel, nun Flaschen sammelnd, um einen kleinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er trifft am Hauptbahnhof in Berlin zufällig auf Ben, einen volltrunkenen Amerikaner mit Weltschmerz. Später stößt noch Mozdeh hinzu, ein von Skinheads überfallener Iraner, den Frank nach dem Überfall verarztet.
Ohne dass Frank wirklich weiß wie ihm geschieht, wird aus einer Unterhaltung über die Ungerechtigkeit der Welt plötzlich etwas anderes...


Weil wir nichts haben. Kein Geld, keine Freiheit, keine Perspektive.


Freiheit scheint den Dreien das höchste aller Güter, wobei jeder der drei etwas anderes darunter versteht.  Einig ist man sich jedoch darüber, dass man in jedem Fall Geld benötigt, um die Pläne von der Freiheit zu verwirklichen. Und schnell kommt man auch darauf, dass das Geld wohl am wahrscheinlichsten in einer Bank zu finden ist.
Ben, am ehesten ein Mann der schnellen Entschlüsse, weiß auch gleich, welche Bank dafür in Frage kommt. Die Frage nach dem 'wie' bereitet noch kurz Kopfzerbrechen, bis die wahnwitzige Idee eines Tunnels auftaucht. Als die drei die Ortschaft erkunden wird klar, dass der Tunnel tatsächlich kein Hirngespinst bleiben muss, und so begeben sich die Freiheitsstrebenden an die Umsetzung ihrer Pläne. Drei Hobbystrategen und später noch ein irrer Obdachloser - kann das nicht nur im Chaos enden? Frank hat da so seine Zweifel.

Einfacher wird das ganze auch nicht, als plötzlich Skrupel auftauchen, weil eine hübsche Bankangestellte ins Spiel kommt, oder als sie es unerwartet mit Subjekten der polnischen Mafia zu tun bekommen. Selbst in den eigenen Reihen bleibt es kompliziert, denn immer wieder ist es Mozdeh, der sensible Iraner, den moralische Bedenken plagen...


'Wir können das nicht machen', sagte er leise (...) 'Sie glauben an uns. Sie vertrauen uns. Sie geben uns eine Perspektive. Und wir betrügen die letzten Menschen, die nicht nur an sich, sondern auch an etwas Größeres glauben.'


Die Katastrophen häufen sich, der Druck wird immer größer, ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Aussichtslos?

Sehr gespannt war ich darauf, wie diese Geschichte letztlich ausgehen würde. Immer wieder musste ich lachen oder auch den Kopf schütteln angesichts des plumpen Vorgehens der drei oder auch der Hindernisse, die sich ihnen unerwartet in den Weg stellten. Ganz klar eine Gangsterkomödie mit durchaus sympathischen Antihelden, dabei immer wieder kleine Gedankenanstöße beinhaltend bezüglich Wertvorstellungen, Sinnfragen und moralischen Einwänden. Die Balance zwischen 'komisch' einerseits und 'nachdenklich' andererseits ist für mich gelungen.
Das Ende: durchaus überraschend, besonders die Entscheidung Franks. Letztlich hat er genau sein Fazit aus den Geschehnissen gezogen...

Der Schreibstil ist flüssig, das ganze flott zu lesen und der Spaß steht hier ganz klar im Vordergrund, weniger die Spannung. Zeitweise hatte ich richtige Bilder vor Augen, so anschaulich waren die Szenen beschrieben.
Insgesamt ein durchaus empfehlenswertes Lesevergnügen, aufgrund der geringen Seitenzahl ideal für zwischendurch.


© Parden









Hiermit danke ich 'Blogg dein Buch' sowie dem 'FeuerWerkeVerlag' für die Möglichkeit, dieses Buch lesen zu dürfen!







 






















 Dr. Tobias Klatt wurde am 27. Februar 1985 in Göttingen geboren. Während seines Studiums der Volkswirtschaftslehre arbeitete er als freier Redakteur für eine regionale Wochenzeitung und die Financial Times Deutschland. Im Anschluss promovierte er an der Universität Göttingen und wechselte schließlich zur Axel Springer SE nach Berlin. Dort recherchierte er den Fall des Einbruchs auf eine Bankfiliale im Bezirk Steglitz im Januar 2013. Dabei stieß er auf viele, zum Teil unerklärliche Indizien und Vermutungen des bis heute nicht aufgeklärten Bankraubs. Weitere Berichterstattungen, u.a. in der B.Z. oder bei Aktenzeichen XY, ließen den Mythos um das Verbrechen weiter wachsen und bewegten ihn schließlich zur Abfassung seines Debütromans „Am Ende des Tunnels: Der Roman zum Steglitz-Coup“.

Quelle Text und Bild

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Müller, Wolfgang: Die Rache der Wale


Tausend Meilen unter dem Meer


Als das deutsche Ehepaar Emmi und Adrian zu einer Weltreise auf einer Segelyacht aufbricht, ahnt es nicht, worauf es sich einlässt. Bei einem schweren Sturm im Pazifik fällt Adrian von Bord und droht zu ertrinken. Doch er wird gerettet von einem Meerwesen. Anep ist halb Mensch, halb Fisch und hochintelligent. Er bittet Emmi und Adrian um ihre Hilfe. Denn Aneps Gefährtin wird von Menschen gefangen gehalten. Er will sie befreien. Doch Aneps Plan ist noch viel größer und gefährlicher. Zusammen mit anderen intelligenten Meeresbewohnern will er die Menschen bei der Zerstörung der Weltmeere stoppen. Ein gefährliches Abenteuer beginnt. 










  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 1886 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 307 Seiten
  • Verlag: Midnight (8. August 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00M1VVW9E









DIE NATUR SCHLÄGT ZURÜCK...


Walfinne



Emmi und Adrian kehren Deutschland für lange Zeit den Rücken. Sie segeln mit ihrer Yacht um die Welt und sind schon seit fünf Jahren unterwegs. Das Leben genießen, eins sein mit Wellen, Wetter und Natur - so lässt es sich aushalten. Eigentlich ein ruhiges Leben, bis Adrian einen Delfin rettet, der sich hoffnungslos in einem Netz verfangen hat. Als kurz darauf die Yacht in einem heftigen Sturm kentert, geht Adrian über Bord - und wird von jemandem gerettet, der zuvor bereits beobachtet hat, wie Adrian dem Delfin zu Hilfe gekommen ist.
Anep heißt derjenige, und er ist im Meer zu Hause. Halb Mensch, halb Fisch - er ist das, was gemeinhin als 'Meerjungfrau' bekannt ist, und er ist nicht der einzige. Ganze Populationen dieser Meereswesen gibt es, und sie können sich mittels telepathischer Fähigkeiten sowohl mit den anderen intelligenten Meeresbewohnern verständigen als auch mit einigen Menschen, die bereit sind, sich darauf einzulassen...


Diese überraschende Entwicklung ist der Auftakt einer Reihe spannender Episoden, denen ein sehr ernsthaftes Thema zugrunde liegt: der frevelhafte und skrupellose Umgang des Menschen mit seiner Umwelt und eben auch mit dem Meer und seinen Bewohnern. Die riesigen Inseln aus Plastikmüll, die ständig wachsend in den Ozeanen treiben, von Wellen und Wetter zermahlen werden und über Plankton aufgenommen zu Fischfutter werden, um letztlich wieder vom Menschen verzehrt zu werden. Die Überfischung der Meere durch regelrechte Fischfangmaschinerien, die das Meer buchstäblich leer fischen und kleinen Fischerbooten keine Chance mehr lassen. Die Praktiken der Walfänger, der Tradition verpflichtet, qualvolles Verenden der Wale in Kauf nehmend und auch die Population dieser Meerestiere gefährdend. Und das Einleiten giftiger Abwässer, auch und gerade 'nach dem großen Beben' in Japan - Millionen Liter plutoniumverseuchtes Wasser, das sich ungehindert im Ozean und damit in seinen Bewohnern ausbreiten kann.
Eine deprimierende Auflistung, und Woflgang Müller beschönigt da nichts, spart nicht mit deutlichen Worten. Wenn eines deutlich wird, dann dass Reden einfach nicht hilft , die Einsicht kann bei bestimmten Themen nur durch Handeln erfolgen - oder eben gar nicht. Geld regiert die Welt, alles lebt nur noch im 'Hier und Jetzt', was interessiert uns die Zukunft. Mit 'Augen zu' kommt man immer durch, die Verantwortung trägt niemand - und die Konsequenzen scheinen weit weg. Das Buch führt einen zwangsläufig näher heran, zwingt einen hinzusehen.


Doch trotz der deutlichen Worte fand ich das Buch nicht polemisch, sondern Wolfgang Müller präsentiert hier einfach gebündelt Fakten, die nicht wegzudiskutieren sind. Drum herum hat er aber eine wirklich spannende Geschichte gestrickt, flott zu lesen und mit klar verteilten Rollen: gut gegen böse, schwarz gegen weiß, Moral vs. Geld. Wie kann man gegen all diese Praktiken im skrupellosen Umgang mit dem Meer und seinen Bewohnern vorgehen, so dass man wahr- und ernstgenommen wird und dass sich nach Möglichkeit auf Dauer etwas daran ändert? Wie weit geht man selbst dafür? Gibt es Grenzen? Und als Nebenhandlung gibt es noch die Geschichte um Sira, die Gefährtin Aneps, die durch einen Unfall in die Gefangenschaft der Menschen geraten ist und nun droht, ein für immer weggesperrtes Objekt der Forschung zu werden. Wird es gelingen, diese Meerjungfrau zu befreien?


Für mich ist dieses Buch eindeutlig dem Genre der 'Jugendbücher' zuzuordnen, auch wenn der Autor dies nicht beabsichtigt hat - was er im Rahmen einer Leserunde verriet. Zu vieles spricht für mich einfach dafür: die klaren Wertvorstellungen, der Kampf der Moral gegen das Geld, Spannung gepaart mit Witz, Detailwissen in gut verträglichen Dosen präsentiert, letztlich einfache aber sympathische Charaktere...
Diese Zuordnung stört mich persönlich aber nicht, mir hat das Buch durchaus spannende, amüsante und auch lehrreiche Lesestunden bereitet. Und die Vorstellung, dass gegen die Machenschaften tatsächlich jemand etwas unternehmen könnte, das auf Dauer von Erfolg gekrönt ist - ich muss sagen, die Vorstellung gefällt mir.


Der Autor kündigte an, dass es noch eine Fortsetzung geben wird und dass er hofft, dass diese bald erscheint. Der Hoffnung schließe ich mich mal an, und ich würde mich freuen, auch das nächste Buch von Wolfgang Müller wieder lesen zu können.



© Parden


















Wolfgang Müller, Jahrgang 1958, lebt mit seiner Familie in einem kleinen Dorf in der Nähe von Arnsberg im Sauerland. Neben dem Hochseesegeln und der Malerei hat er das Schreiben von Spannungsliteratur für sich entdeckt. Ihm ist wichtig, dass beim Schreiben trotz aller Spannung, der Humor nicht zu kurz kommt.


Quelle Text und Bild


Sonntag, 26. Oktober 2014

Blogpost Nr. 26: TinSoldiers Bücherstapel 04/2014

Liebe Lesebegeisterte,
das Jahr 2014 geht so langsam in den Endspurt, und mit den kürzer gewordenen Tagen kommen auch wieder gemütliche, spannende Leseabende, wenn draußen die Herbststürme toben. Da wird es Zeit für neue Büchervorschläge.
Hier also mein Bücherstapel, Ausgabe Nr. 4/2014:


Véronique Olmi: Meeresrand
Übersetzung: Renate Nentwig

Dies ist ein trauriges Buch, das nachdenklich stimmt. Ein Buch ohne "Happy End", passend zur aktuellen Jahreszeit. Sicher kein "Mainstream", aber gute, anspruchsvolle moderne Literatur mit Tiefgang!


Ausgabe der Büchergilde:
11,90 Euro
Meeresrand

Eine Mutter bricht mit ihren beiden Söhnen zu einer Reise auf. Sie freuen sich, aber es ist ihnen auch unheimlich. Sie waren noch nie weg, und Ferien sind auch nicht. Aber die Mutter ist fest entschlossen: Ihre Kinder sollen das Meer sehen, wenigstens einmal. Da spielt es keine Rolle, wie verlassen und trostlos der kleine Küstenort ist und sie von ihrem Hotelzimmer auf eine Betonwand schauen, nicht auf den Strand. Diese Reise hat sie geplant, auch wenn sie sonst nie planen kann. Sie werden ans Meer gehen und abends auf die Kirmes. Die Kinder sollen es gut haben. Bis sie kein Geld mehr hat und auch der Mut sie verlässt. Denn es ist eine Reise ohne Wiederkehr, eine Reise in das Herz der Verzweiflung.
(Quelle: www.büchergilde.de)

Die Autorin:
Véronique Olmi wurde 1962 in Nizza geboren und lebt heute mit ihren zwei Kindern in Paris. In Frankreich wurde sie, als eine der bekanntesten Dramatikerinnen des Landes, für ihre Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Seit 1990 hat die ausgebildete Schauspielerin zwölf Theaterstücke geschrieben.

Meeresrand
Roman, 117 Seiten
Originalausgabe ist
erschienen im August 2002
im Verlag Antje Kunstmann
(Preis: 14,90)
Übersetzt von Renate Nentwig
ISBN 978-3-88897-308-6
DNB
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Mortimer & Miss Molly

Dieses Buch verspricht, alles zu haben, was einen Lesebegeisterten fasziniert:
Eine spannende, ungewöhnliche Liebesgeschichte bzw. deren Anfang, welcher die Phantasie der Protagonisten beflügelt. Ein Roman über "die Magie des Erzählens". Wird das Rätsel um den verschwundenen Erzähler der Geschichte sich am Ende auflösen?
Werden wir das wahre Ende der Geschichte erfahren?
Unsere Neugier ist geweckt - lassen wir uns entführen in "die Magie des Erzählens"!

Mortimer & Miss Molly
Peter Henisch

Italien 1944: Kurz vor Kriegsende landet in San Vito in der Toskana ein amerikanischer Soldat mit seinem Fallschirm mitten in einem malerischen Renaissancegarten, ausgerechnet unter dem Fenster der englischen Gouvernante, die ihn vor den deutschen Besatzern versteckt. Das ist die Geschichte von Mortimer und Miss Molly, eine Liebesgeschichte. Jedenfalls der Anfang davon, wie sie knapp dreißig Jahre später ein alter Amerikaner erzählt, als er Julia und Marco kennenlernt, die es nach San Vito verschlagen hat. Am nächsten Morgen ist er verschwunden. Und so beginnt das junge Paar, die Geschichte der beiden für sich selbst fortzuspinnen. Ein Roman aus Österreich über die Magie des Erzählens.
(Quelle: www.büchergilde.de)

Mortymer & Miss Molly
Roman, 320 Seiten
Erscheinungsdatum der Originalausgabe: 26.08.2013
Deuticke Verlag
Fester Einband
ISBN 978-3-552-06225-2
ePUB-Format
ISBN 978-3-552-06232-0
DNB

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God´s Country
Percival Everett (Autor)
Susann Urban (Übersetzerin)

Mit God´s Country lege ich einen großartigen Roman auf meinen Bücherstapel und damit gleichzeitig dem Leser an´s Herz. Ein tolles Stück moderner Weltliteratur!

Klappentext zu „God's Country“ :
"In Amerika, Frankreich und Italien ist Percival Everett längst Kult. Nun liegt sein Western God s Country auch auf Deutsch vor.
Erzähler der Geschichte ist Jock Marder: Spieler, Trinker, Betrüger und Möchtegern-Frauenheld. 1871, Marder hat seinen Hof, seine Frau und seinen geliebten Hund wegen einer Bande von marodierenden Randalierern verloren, die sich als Indianer verkleidet hatten. Er sinnt auf Rache und ist gezwungen, den besten Fährtenleser um Hilfe zu bitten: den Afroamerikaner Bubba.
Everett wirft das ungleiche Paar in einen Reigen skurriler und verstörender Szenen, bei denen sich Satire und Tragik meisterhaft ergänzen Beckett wird ebenso Referenz erwiesen wie der Verwechslungskomödie, General Custer und Walt Whitman geben ein kurzes Gastspiel. Das berühmte Lachen bleibt dem Leser dabei meist im Halse stecken.
Als einzige Lichtgestalt erscheint Bubba, der gesellschaftlich Geächtete, der letzte Repräsentant des Menschlichen, der Integrität. Das zugespitzte Ende trifft mit seltener emotionaler Wucht, weil der Leser sich trotz aller parodistischen Elemente stark mit dem schwarzen Helden identifiziert. Einem Helden, der in der gesetzlosen Gesellschaft kein Held ist, weil er qua Hautfarbe keiner sein kann. Everett gelingt es, das Genre, das aus Western-Filmen und Jugendlektüre vertraut scheint, auf den Kopf zu stellen. God s Country ist eine grandiose exemplarische Geschichte über Außenseiter, Legenden und Sichtweisen, die den Leser zwingt, die eigene Haltung zu reflektieren. "


Klingt doch spannend, oder?

Lese-Probe:

Curt Marder, du nichtsnutziger, schmarotzender, abtrünniger hundsmäuliger Sohn einer Schlammratte, du schuldest mir drei Dollar , sagte er.
Ich glotzte ihn bloß an, glotzte an mir herunter, wie ich da staubig auf der Straße lag, und erklärte: Banditen haben mein Haus abgefackelt.

Drei Dollar, und ich hab dir nicht mal den klitzekleinsten Zins draufgeschlagen. Hätt ich auch nur einen Funken Grips, würd ich dir keinen Kredit geben. Ganz bestimmt nicht.
Haben meine Scheune abgefackelt.
Petersen vom Kramladen drüben hat auch noch ein Wörtchen mit dir zu reden, wenn ich fertig bin. Haben meine Frau entführt.
Unsere christliche Nächstenliebe beutest du nicht mehr aus, damit ist jetzt Schluß.
Haben meinen Hund getötet.
Haben deinen Hund getötet?
Mit dem Pfeil da. Hielt ihm das Todeswerkzeug unter die Nase. Er hing am anderen Ende dran, ist aber abgefallen.
Terkle setzte es auf seinen Hintern. Haben deinen Hund getötet? Er schüttelte den Kopf. Was für Heiden treiben sich denn bloß in unsrer Gegend rum?


Percival Everett (Autor)/Susann Urban (Übersetzerin)
God´s Country
Roman, gebundene Ausgabe: 260 Seiten
Verlag: Edition Büchergilde (28. Februar 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3864060354
ISBN-13: 978-3864060359

DNB

 

Ein Weihnachtsgeschenk für Walter
Barbara Wersba (Autorin), Donna Diamond (Illustrationen)
Aus dem Amerikanischen von Barbara Küper

Walter, die lesende Ratte

DAS BESONDERE WEIHNACHTSGESCHENK FÜR KLEINE UND GROSSE LESERATTEN

Walter ist keine gewöhnliche Ratte, denn er kann lesen. Kein Wunder, dass er sich nach Sir Walter Scott benannt hat! Er lebt im Haus von Miss Pomeroy, einer alten Dame, die Kinderbücher schreibt und eine herrliche Bibliothek besitzt. Dort macht Walter jedoch eines Tages eine erschütternde Entdeckung: Der Held in Miss Pomeroys Kinderbüchern ist ausgerechnet eine Maus!

Walter, der als kultivierte Ratte sehr unter dem schlechten Ruf seiner Artgenossen leidet, ist zutiefst gekränkt und beschließt, Miss Pomeroy einen Brief zu schreiben. So beginnt eine ungewöhnliche Freundschaft. Und am Weihnachtstag wartet eine wunderbare Überraschung auf Walter ...

Eine poetisch erzählte Weihnachtsgeschichte mit filigran-schönen Federzeichnungen von Donna Diamond.
(Quelle: www.tulipan-verlag.de)

Ein wirklich schönes Buch für kleine und große Kinder!


Mehr zum Inhalt findet sich HIER

Barbara Wersba, Donna Diamond:

EIN WEIHNACHTSGESCHENK FÜR WALTER
Aus dem Amerikanischen von Barbara Küper
Tulipan Verlag
Halbleinen, mit 21 s/w-Federzeichnungen im Innenteil
64 Seiten, 16,5 x 21 cm
7 - 97 Jahre
ISBN: 978-3-939944-06-5
Preis: EUR 14,90
DNB

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Geistesblitze
Autor: Manfred Geier

Ein gutes Sachbuch soll auch in dieser Bücherstapel-Ausgabe nicht fehlen. Mein Favorit ist dieses Mal "Geistesblitze" von Manfred Geier: Ein Buch über die Geschichte der Philosophie, das sich der Frage widmet: Wie kamen die großen Denker auf ihre bahnbrechenden Ideen.
Ein spannender und scheinbar unterhaltsamer Ausflug in die Philosophie, der sicher nicht nur Uwe alias KaratekaDD interessieren dürfte!

"Wer immer schon einmal wissen wollte, wie die großen Philosophen zu ihren großen Ideen gekommen sind, findet hier Antwort: aufschlussreich, überraschend, verständlich und unterhaltsam geschrieben. Über Sternstunden des menschlichen Denkens, die eine epochale Bedeutung erlangt haben.
Wie entstehen philosophische Gedanken und Einsichten? Woher stammt die Inspiration für die Ideen, mit denen große Denker unsere Welt begreifen und erklären? Oft, so zeigt uns Manfred Geier, sind es ganz konkrete einzelne Augenblicke, in denen Philosophen auf neue Ideen kommen, um schwierige geistige und existenzielle Probleme lösen zu können. Spannend und unterhaltsam beschreibt er am Beispiel von Parmenides, René Descartes, Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant, Johann Georg Hamann, Friedrich Nietzsche und Karl Popper, wie eng deren Leben und Werk miteinander verknüpft waren. Sein Buch zeigt auf faszinierende Weise, wie sich jedem dieser Philosophen in einer angespannten Situation plötzlich eine kreative Einsicht offenbarte, die dann zu einem wegweisenden Werk ausgearbeitet wurde." (Quelle: Buchvorstellung auf www.büchergilde.de)


Manfred Geier
Geistesblitze - eine andere Geschichte der Philosophie
Ausgabe der Büchergilde:
Fester Einband, bedruckt, mit grasgrüner Nachsatz-Umklappe, 288 Seiten.
Preis für Mitglieder 16,95 €
Originalausgabe:
Rohwolt
Hardcover, 288 Seiten                                             
Originalverlagspreis 19,95 €
ISBN 978-3-498-02523-6

Freitag, 24. Oktober 2014

Amft, Diana / Matos, Martina: Die kleine Spinne Widerlich - Der Geburtstagsbesuch


Die kleine Spinne ist ganz aufgeregt, denn sie feiert Geburtstag. Sie hat ihr Netz mit Blümchen geschmückt und alle sind gekommen: Onkel Langbein, Tante Igitte und all ihre Freunde. Sogar Tante Tarantula aus dem fernen Afrika ist angereist. Die Tante erzählt von spannenden Ausflügen, die sie "Safari" nennt, und sorgt für so manche Überraschung auf Klein-Widerlichs Party.















  • Gebundene Ausgabe: 32 Seiten
  • Verlag: Bastei Lübbe (Baumhaus); Auflage: Aufl. 2014 (16. November 2012)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3833900849
  • ISBN-13: 978-3833900846
  • Vom Hersteller empfohlenes Alter: 4 - 6 Jahre
                                * * *
  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 9376 KB
  • Verlag: Bastei Entertainment; Auflage: Aufl. 2014 (6. Dezember 2012)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00AN5858G




 

 EIN NETTES BILDERBUCH FÜR DIE KLEINEN...





Ein wirklich nettes Bilderbuch ist mir da durch Zufall in die Hände gefallen. Welches Kind fiebert nicht seinem eigenen Geburtstag entgegen? Hier findet es sich wieder in der kleinen Spinne Widerlich - an der in Wirklichkeit so gar nichts Widerliches ist... Die kleine Spinne schmückt ihr Netz genau wie die Menschenkinder den Geburtstagstisch, es gibt Kuchen, und zahlreiche Gäste gibt es auch, die Geschenke natürlich nicht zu vergessen.
Neben der netten, kindgerechten Geschichte, sind es vor allem die Bilder von Martina Matos, die das Buch so zauberhaft illustrieren. Selbst nach mehrfachem Anschauen lassen sich dort immer noch neue liebevolle Details entdecken... Das Cover bietet hier nur einen kleinen Einblick in die wunderschöne Bilderwelt des schönen Buches. Farbenfroh, freundlich, aber auch nicht zu überladen - ideal also auch schon für kleinere Kinder.







Weshalb ich nicht die volle Punktzahl vergebe, liegt einfach daran, dass ich nicht das Buch selbst in den Händen hielt, sondern es im E-Book-Format erhielt. Ich bin mittlerweile diesem modernen Medium gegenüber wirklich aufgeschlossen, und als Besonderheit wird hier auch noch die Funktion des Vorlesens und Umblätterns nach entsprechenden Einstellungen am Endgerät geboten - also mit integriertem Hörbuch. Dieser mögliche Vorteil wiegt in meinen Augen jedoch nicht die Erfahrung auf, die ein Bilderbuch bietet, das man konkret in den Händen halten kann.
Zum einen kann man so nie beide aufgeschlagenen Seiten zur gleichen Zeit sehen, und dem Kind das Buch persönlich vorzulesen, würde ich der E-Book-Alternative in jedem Fall vorziehen! Und zum anderen dürften die Bilder im 'echten' Bilderbuch deutlich größer und damit noch eindrucksvoller sein als auf solch einem kleinen Gerät...







Schön finde ich jedenfalls, dass hier eine kleine Spinne als Sympathieträger gewählt wurde, denn auch wenn viele Erwachsene diese Tiere tatsächlich als 'widerlich' bezeichnen, kann dieses Buch vielleicht dazu beitragen, dass Kinder offener werden im Umgang mit ihnen. Das wäre in meinen Augen jedenfalls ein schöner Nebeneffekt...


© Parden









'Der Geburtstagsbesuch' ist schon die zweite Geschichte um die 'Spinne Widerlich'. Der erste Band hat bereits ausnehmend gute Bewertungen in den einschlägigen Foren erhalten:













Diana Amft
Diana Amft (* 7. November 1975 in Gütersloh) ist eine deutsche Schauspielerin. Bekannt wurde sie als Hauptdarstellerin der Sitcom Doctor's Diary.

Quelle



 
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Martina Matos
Martina Matos, geb. 1978 in Kiel, zog mit fünf Jahren nach Portugal und studierte Kunstmalerei an der FBAUL - Faculdade de Belas Artes in Lissabon. Seit 2004 lebt sie wieder in Deutschland als freie Illustratorin und Künstlerin.

Quelle







Mittwoch, 22. Oktober 2014

Langer, Siegfried: Alles bleibt anders



Nominiert für den Deutschen Phantastik Preis.
Nominiert für den Kurd Laßwitz Preis.


Schlimm genug für Frank Miller, dass er sein Gedächtnis verloren hat. Doch nicht nur das - er wurde offiziell für tot erklärt! Als ihn nicht einmal seine Verlobte Claire wiedererkennt, verwandelt sich sein rätselhaftes Schicksal endgültig in eine Tragödie.
Es ist das Jahr 2008 und Franks langsam zurückkehrende Erinnerungen konfrontieren ihn mit einer unglaublichen Realität: mit einem Dritten Reich, das das Jahr 1945 überlebt hat, mit einer NSDAP, die mächtiger und grausamer ist als jemals zuvor. Über ganz Europa weht die Flagge mit dem Hakenkreuz. Franks Suche nach seiner Identität führt ihn in die deutsche Hauptstadt Germania, erbaut nach den tollkühnen Entwürfen Hitlers und Speers.
Dort erfährt er, dass er kämpfen muss - um sein Leben, um seine Liebe zu Claire und um das Schicksal vieler anderer.



  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 1938 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 343 Seiten
  • Gleichzeitige Verwendung von Geräten: Keine Einschränkung
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00NIQ4ENW


Vom Autor wurde uns die Möglichkeit offeriert, sein Debüt zu lesen und im Blog eine Rezension dazu verfassen. Da sowohl Uwe als auch Anne Interesse daran signalisierten, konnten wir beide es lesen - und haben beschlossen, hieraus wieder eine gemeinsame Besprechung zu machen...
Dazu gibt es im Anschluss noch ein Interview - aber nicht wir haben die Fragen gestellt, sondern diesmal Siegfried Langer an uns, die Leser.

Dienstag, 21. Oktober 2014

Steinfest, Heinrich: Der Allesforscher


»Heinrich Steinfest ist ein Meister der skurrilen Sprachbilder und alltagsphilosophischen Exkurse.« Der Spiegel


Sixten Brauns vollkommen normales Managerleben implodiert, als in Taiwan ein Wal explodiert, und Sixten von irgendeinem Teil des Wal-Innenlebens k.o. geschlagen wird. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen, stürzt er mit dem nächstbesten Flugzeug ab - und überlebt abermals. Aber nicht ohne zwischendurch die große Liebe erlebt zu haben. Und so kommt er Jahre später - Sixten hat sich längst vom Manager zum Bademeister gewandelt - zu einem Kind, das auf gar keinen Fall sein eigenes sein kann, es dann aber doch plötzlich ist … Ein frisch verwaister Junge namens Simon. Ein Junge, der nicht spricht, außer in seiner eigenen, nur ihm selbst verständlichen Sprache. Ein Junge, der sich dann als ganz ungewöhnlich talentiert in ganz ungewöhnlichen Bereichen erweist: Er kann klettern wie eine Gemse und zeichnen wie Leonardo da Vinci. Auch liegt es an Simon, dass sich so manche Gerade in Sixtens Leben zum Kreis schließt ...


  • Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
  • Verlag: Piper; Auflage: 4 (10. März 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3492054080
  • ISBN-13: 978-3492054089








FABULIERKUNST AUF HÖCHSTEM NIVEAU...






"Ein Oha! denken oder sagen oder rufen kann eigentlich nur bedeuten, sich in einem Zustand der Verspätung zu befinden. Und damit ist nicht allein die Straßenbahn gemeint, die einem davonfährt. Sondern auch und vor allem die, die auf einen zufährt. " (S. 11)


Nun, es ist nicht wirklich die Straßenbahn, die Sixten Braun sein "Oha!" denken lässt, sondern am frühen Morgen auf verkehrsarmer Straße in Taiwan ein ausgewachsener Pottwal, tot auf einem Lastwagen, genau in dem Moment explodierend, als er an dem Businessmann vorbeigefahren wird. Unglücklich von einem Stück des Innenlebens des Wals getroffen, fällt Sixten sogleich ins Koma - und sein Leben driftet in der Folge auseinander.


"...daß ich nicht wie andere Leute einfach mit einem fremden Auto zusammenstoßen kann, sondern mir dazu einen Wal aussuche, daß ich im falschen Flugzeug sitzen muß, daß ich nicht Vater werden kann wie andere auch und ein Ausflug aufs Land bei mir in eine Nazistollengeschichte mündet. Und daß ich nicht wie andere Bademeister schlichterdings Badegäste rette. Aber was sollte ich tun? Ab einem bestimmten Moment hatte mein Leben begonnen, eine komplizierte Figur zu beschreiben." (S. 308)


Ja, Heinrich Steinfest stürzt seinen sympathischen Helden von einer skurrlien Situation in die nächste, was dieser mit einer gehörigen Portion Pragmatismus und Alltagsphilosophie zu meistern sucht. Des explodierenden Wals nicht genug, driftet Sixten gleich darauf in eine ungewöhnliche Liebesbeziehung, stürzt mit dem Flugzeug ab, kann sich auf wundersame Weise gleich doppelt retten, scheitert in einer lieblosen Ehe, bricht alle Brücken hinter sich ab, eine neue Stadt, vom Manager zum Bademeister - all dies absolviert Sixten und mit ihm der Leser. Denn Sixten sieht gar keine andere Möglichkeit...


"Ich darf sagen, meine Philosophie war immer die: Alles was geschieht, ist ohne Alternative. Die Alternative bilden wir uns nur nachträglich ein. Das ist vielleicht überhaupt unsere eigene Freiheit zu phantasieren, wie es hätte sein können."


Selbst Jahre nach seinem Zusammenstoß mit dem Wal fordern die Abenteuer in Übersee noch ihren Tribut. Plötzlich wird ein Kind an Sixten herangetragen, das Kind von Lana, der Liebe seines Lebens, die starb, als das Kind noch sehr klein war. Simon, sieben Jahre alt inzwischen, soll nun bei Sixten aufwachsen, weil sich Lanas Freundin nicht länger darum kümmern kann. Und auch als nach dem ersten Blick auf Simon gleich klar wird, dass Sixten gar nicht sein Vater sein kann, entscheiden sich beide dafür, dass sie jetzt Vater und Sohn seien.


"Auf eine gewisse Weise war ich ganz einfach der logische und zwangsläufige Vater für dieses Kind. Es war so offensichtlich, wie sehr das Schicksal keinerlei Umstände gescheut und gleich zwei Bürokratien ausgetrickst hatte, um mich und dieses Kind zusammenzubringen. Das konnte etwas Gutes oder Schlechtes bedeuten, aber es wirkte doch ungemein mächtig." (S. 115)


Trotz der absurden Einfälle und der skurrilen Personen, die den Roman bevölkern, ist die Erzählung ausgesprochen liebevoll, oftmals auf intelligente Weise  komisch und sprachlich einfach nur ver- und bezaubernd. Auch wenn die Geschichte das fulminante Anfangstempo nicht halten kann, immer wieder auf Ab- und Nebenwege gerät, sich zwischendurch zu verhaspeln droht - für mich war es zu keinem Zeitpunkt langweilig oder befremdlich.
Für mich eine angenehm zu lesende Erzählung, schräg und humorvoll, dabei tiefgründig und voller alltagsphilosphischer Exkurse, die aber nicht erdrückend wirken. Und sprachlich - nun, Steinfest liebt es zu fabulieren. Und beweist hier, dass er es wirklich kann. Manchesmal war ich richtig berührt, gar nicht so sehr vom Inhalt her, sondern einfach, weil ich wieder auf eine wunderschöne Formulierung gestoßen war...


"Manche Dinge mußte man erst einmal fühlen und ahnen und riechen und schmecken und sich vor ihnen fürchten, bevor man sie irgendwann begriff." (S. 198)


Einzig die Wendung im letzten Teil, das zeitweise Abgleiten ins Esoterische und in die Welt der Träume konnte mich nicht so recht überzeugen. Es mag zur Erscheinung eines "Allesforschers" gehören (übrigens laut Nachwort eine Wortschöpfung von Steinfests Sohn, dem das Wort "Universalgelehrter" nicht gefiel), sich wirklich mit allen Themen des Lebens zu befassen, und so eben auch mit den genannten. Mir persönlich driftet die Geschichte dadurch jedoch schon ein wenig zu sehr ab, auch wenn sich am Schluss der Kreis schließt.

Insgesamt jedoch ein beeindruckender Roman, ungewöhnlich, skurril, voller bezaubernder Sprachbilder, humorvoll, weise und berührend. Sicherlich eines der Bücher, die haften bleiben und neugierig machen auf mehr aus der Feder des Autors.


© Parden







  
 Heinrich Steinfest über seinen Roman "Der Allesforscher"





 Lesung und Gespräch mit Heinrich Steinfest anlässlich der Buchpremiere








Heinrich Steinfest wurde 1961 geboren. Albury, Wien, Stuttgart - das sind die Lebensstationen des erklärten Nesthockers und preisgekrönten Autors, welcher den einarmigen Detektiv Cheng erfand. Er wurde mehrfach mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet, erhielt den Stuttgarter Krimipreis 2009 und den Heimito-von-Doderer-Preis. Zuletzt erschienen seine Romane 'Die Haischwimmerin', 'Das himmlische Kind' und 'Der Allesforscher', der für den Deutschen Buchpreis 2014 nominiert wurde.




Montag, 20. Oktober 2014

Nesbø, Jo: Der Fledermausmann - Band 1 um Harry Hole



Harry Hole, der unkonventionelle Kommissar aus Oslo, wird nach Sydney geschickt, wo er den Mord an einer jungen Norwegerin aufklären soll. Gemeinsam mit seinem australischen Kollegen, dem Aborigine Andrew, nimmt er die Ermittlungen auf. Schon bald müssen sie feststellen, daß es sich nicht um einen Einzelfall handelt: Ein Serienmörder tötet scheinbar willkürlich junge weiße Frauen.











  • Taschenbuch: 432 Seiten
  • Verlag: Ullstein Taschenbuch (1. Februar 2002)
  • Sprache: Deutsch
  • Übersetzung: Günther Frauenlob
  • ISBN-10: 3548253644
  • ISBN-13: 978-3548253640










HARRY HOLES ERSTER FALL...


Sydney


Nachdem ich ungewöhnlicherweise die Reihe um Harry Hole von Jo Nesbø sozusagen von hinten angefangen habe mit den letzten drei Bänden "Leopard", "Die Larve" und "Koma", habe ich mir schließlich die komplette Reihe um Harry Hole zugelegt.

Das vorliegende Werk ist also das erste Buch der Reihe um Harry Hole, den alkoholkranken Polizisten aus Oslo. Hier allerdings liegt die ganze Handlung in Australien, denn dort wurde eine junge Norwegerin ermordet - und Harry Hole wird aus Norwegen zur Unterstützung geschickt. Wirklich gewartet haben die Australier zwar auch nicht auf ihn, aber dennoch kann er die ganze Zeit an den Ermittlungen mitwirken.
In Australien steht ihm sein Kollege Andrew Kensington, ein Aborigine, zur Seite. Die beiden unkonventionellen Polizisten freunden sich schnell an. Von Andrew erfährt Hole eine Menge über Australien, seine Geschichte und das Leben in Sydney. Doch der Mord an der Norwegerin Inger Holter ist kein Einzelfall! Im gesamten Westen von Australien werden junge, blonde Frauen vergewaltigt, mitunter auch erwürgt. Vielleicht suchen sie gar einen psychopathischen Frauenmörder...

Das Buch hat gute und auch einige schlechtere Seiten. So sind z.B. stilistisch noch einige Schwächen auszumachen. Jo Nesbø ist noch nicht ganz zu der Form aufgelaufen, die ich bei "Leopard" so faszinierend fand. Sprachlich ist das Buch auch noch eher als durchschnittlich (aber keineswegs als schlecht) zu bezeichnen. Eine Schwäche erlaubt sich Nesbø auch beim Vorantreiben der Handlung - da gibt es dann schon mal Längen, vor allem in der ersten Hälfte des Buches.

Anfangs wirkte die Figur des Harry Hole sehr flach und eher angepasst. Nach und nach gewann die Personenzeichnung aber an Tiefe, so dass selbst bei dem hier noch jungen Hole (Anfang 30) schon der Ermittler durchblitzt, dem wir bei "Leopard" begegnen: intuitiv, entschlossen und draufgängerisch in seinem Beruf ohne Rücksicht auf seine eigene Gesundheit; voller Ängste, Zweifel und Schuldgefühle als Person - bis hin zur Verzweiflung, aber letztlich dennoch mit einem großen Lebenswillen.
Das Alkoholproblem taucht bereits hier auf mit all seinen Facetten, und mit anderen Drogen kommt Hole hier erstmals auch in Kontakt. Also bereits im ersten Band der Reihe ein Antiheld, mit dem man aber in jedem Fall sympathisiert.

Sehr schön verwebt Nesbø auch Erzählungen über die ursprüngliche Kultur der Aboriginies und deren Legenden mit der Handlung - für einen Krimi oder Thriller eher ungewöhnlich, letztlich aber für das Verständnis der Hintergründe auch wichtig.
Trotz einiger Schwächen des Buches bin ich froh, es gelesen zu haben - denn so wird die Entwicklung des Ermittlers Harry Hole erst deutlich.

Die anderen Bände folgen bestimmt!


© Parden









Bei ULLSTEIN gibt es eine sehr ausführliche Seite zu Jo Nesbø und eine komplette Seite über Harry Hole - eine richtige Vita! Welcher Held einer Thriller-Reihe kann das schon von sich sagen? Weil es so genial ist - u.a. gibt es dort ein Personenverzeichnis der Harry-Hole-Krimis -, verlinke ich an dieser Stelle gerne auf diese Seite:


Mehr über Harry Hole





About Harry Hole (von Jo Nesbø)









Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker und lebt in Oslo.

Bereits sein Krimidebut, Der Fledermausmann, wurde in Norwegen als "Bester Krimi des Jahres" ausgezeichnet und mit Rotkehlchen gelang ihm international der Durchbruch. Heute ist er der erfolgreichste Autor Norwegens, in 17 Ländern mit seinen Büchern vertreten, darunter die USA und England. Koma ist sein 10. Roman mit Kommissar Harry Hole, Headhunter sein erster Thriller.


Quelle Text und Bild

Samstag, 18. Oktober 2014

Hesse, Hermann: Musik des Einsamen


Das lyrische Werk Hermann Hesses (1877-1962) steht gleichwertig neben den großen Romanen "Siddharta", "Der Steppenwolf", "Narziss und Goldmund". Dem Autor selbst waren seine Gedichte stets unverzichtbare Möglichkeit zu unmittelbarem, wahrem Ausdruck von Sorgen und Sehnsüchten. Der Band "Musik des Einsamen" (1915) führt dies in eindrücklicher Weise vor Augen. In den leisen und zarten Tönen dieser Dichtungen offenbart sich jenes wunschhafte Streben nach einer alles umspannenden Harmonie, das sich in der Folge für sein Werk als bestimmend erweisen sollte.






  • Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
  • Verlag: Anaconda (31. Juli 2010)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3866475322
  • ISBN-13: 978-3866475328







 MELANCHOLISCHE POESIE...




Manchmal ist es gut, unbedarft an Bücher heran zu gehen. Hermann Hesse habe ich immer schon gerne gelesen, und so traute ich mich nun auch an sein lyrisches Werk heran.

Nach den ersten Gedichten und poetischen Stücken legte ich allerdings erst einmal eine Pause ein. Und informierte mich bei wikipedia, ob meine Vermutung hinsichtlich Hesses Gemütsverfassung wohl zuträfe. Und ja, es war so wie gedacht: Hesse war schwermütig, melancholisch, depressiv, versuchte schon mit 15 Jahren, sich das Leben zu nehmen...
Diese Haltung spiegelt sich in der vorliegenden Sammlung an Gedichten wieder. Viel ist von Heimweh, Todessehnsucht, Einsamkeit und Dunkelheit die Rede.

Dennoch wohnt vielen der Stücke ein besonderer Zauber inne, die poetische Sprache nahm mich einige Male gefangen. Dabei gefielen mir in der Regel die Gedichte am besten, die auf Reime verzichteten - hier kam Hesses Kunst mit Sprache zu spielen meiner Meinung nach am besten zur Geltung.
Die Gestaltung des Bandes ist sehr liebevoll und hebt dadurch jedes einzelne Gedicht hervor.

Gewünscht hätte ich mir noch eine Datierung der Gedichte, damit man Parallelen zu Hesses jeweils aktueller Lebensgeschichte hätte ziehen können.
Aber auch so ist der Band eine schöne Sammlung lyrischer Texte und Gedichte, die häppchenweise genossen zu empfehlen sind.












***

Abschließend ein Auszug aus dem Gedicht "Wandlung":


Da ich ein Jüngling war,
Da meine ersten schüchternen Gänge
In das ersehnte Land der Liebe
Alle mich trostlos und elend wiederbrachten
In den unverstandenen grellen Tag,
Da war es mir einziger Trost,
Tief im Leid mit vollen Händen zu wühlen, Selbstzerstörend mit wollüstiger Bitterkeit
Jede holde Farbe in Schwarz zu wandeln, Wild auf brechenden Saiten
Hinzustürmen meiner Entbehrung Qual...





 
© Parden









Hermann Karl Hesse (Pseudonym Emil Sinclai; * 2. Juli 1877 in Calw, Königreich Württemberg, Deutsches Reich; † 9. August 1962 in Montagnola, Kanton Tessin, Schweiz) war ein deutschsprachiger Schriftsteller, Dichter und Maler. Weltweite Bekanntheit erlangte er mit Prosawerken wie Siddhartha oder Der Steppenwolf und mit seinen Gedichten (z. B. Stufen). 1946 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur und 1954 der Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste verliehen.


 ► Quelle Text und Bild